Kampagne gegen Tabakkontroll-Organisation

Die Southeast Asia Tobacco Control Alliance SEATCA beobachtet schon seit langem die Tabakindustrie sehr genau und auch das International Tax and Investment Center ITIC.

Zuletzt bewertete SEATCA im Oktober 2015 das ASEAN Excise Tax Reform Manual1 des ITIC. Die Bewertung kritisierte vor allem das Kapitel zu Tabak, das innere Widersprüche enthält und eine offensichtliche Vernachlässigung von international bewährten Verfahren zur Tabakbesteuerung.

Letzten Monat erhielt SEATCA einen Brief von Dr. Gary Johns im Auftrag von ITIC, in dem er sie der Verbreitung falscher Informationen und mangelnder Transparenz beschuldigt.

Besonders interessant ist, dass er Deutschland als Beispiel heranzieht und die Vorstellung erweckt, dass Deutschland die Arbeit von ITIC nicht als Verletzung des Artikel 5.3 der WHO-Tabakrahmenkonvention (WHO FCTC) sieht. Doch es gibt keine Hinweise darauf, dass Deutschland überhaupt eine offizielle Position gegenüber ITIC und deren Lobbyaktivitäten einnimmt.

Gleichwohl spielt Deutschland keinesfalls eine Vorreiterrolle in Bezug auf Tabakkontrolle – es ist der weltgrößte Zigarettenexporteur und steht am untersten Ende der Europäischen Tabakkontrollskala. Deutschland hat kein umfassendes Tabakwerbeverbot und hat seit Jahren die Tabaksteuern nicht wesentlich erhöht – dies zeigt die Vernachlässigung einer der wirksamsten Maßnahmen zur Tabakkontrolle. Deutschland kann also nicht als Beispiel für eine erfolgreiche Umsetzung der WHO FCTC dienen.

Zwei Beispiele für ITICs Einflussnahme

Als im November 2014 die Delegierten der FCTC Vertragsparteien in Moskau zur zweijährlichen Konferenz (COP) zusammentrafen, planten sie, die Richtlinien für den FCTC Artikel 6 zu Steuer- und Preismaßnahmen zu verabschieden. Am Vortag veranstaltete ITIC ein privates Informationsgespräch, um „sicherzustellen, dass es ein ausgeglichenes Herangehen an wichtige Fragen zu Verbrauchssteuern gebe“ und lud dazu Steuerbeamt*innen der COP-Delegationen ein. Daraufhin verschickte das FCTC Sekretariat eine diplomatische Note, um die FCTC Vertragsparteien an ihre Verpflichtungen aus dem FCTC Artikel 5.3 zu erinnern. Letztendlich wurden die Richtlinien so verabschiedet wie vorgeschlagen – trotz der Einflussnahme des ITIC.

Im Mai 2015, während in Indien politische Debatten um stärkere Maßnahmen zur Tabakkontrolle geführt wurden, organisierte ITIC das Asia Pacifc Tax Forum in New Delhi. Die Weltbank plante ursprünglich, die Veranstaltung zu sponsern und daran teilzunehmen. Als Hauptgast der Eröffnung wurde der indische Finanzminister genannt, ebenso wurden Vertreter*innen der Steuerbehörden eingeladen. Nachdem Gesundheitsexpert*innen ihre Bedenken gegenüber ITIC öffentlich gemacht hatten, zogen sich die Weltbank und der Finanzminister zurück. Teilnahme und finanzielle Unterstützung wurden abgesagt.

Was ist das ITIC?

Das International Tax and Investment Center (ITIC) beschreibt sich selbst als unabhängige Vermittlungsstelle in Steuer- und Investitionspolitik, die einen „Dialog am ’neutralen Tisch’“ für den öffentlichen, privaten und wissenschaftlichen Sektor ermögliche.

Hauptsponsoren von ITIC sind große multinationale Konzerne der Öl-, Alkohol- und Tabakindustrie. Im Direktorium sitzen Vertreter*innen aller führenden transnationalen Zigarettenkonzerne. Interne Dokumente der Tabakindustrie zeigen, welche Rolle das ITIC dabei spielte, der Tabakindustrie Zugang zu Regierungsbeamt*innen zu verschaffen.

Im November 2014 sagte die WHO-Generaldirektorin, Dr. Margaret Chan, in ihrer Ansprache an die COP in Moskau über das ITIC:

„Lassen Sie sich bitte nicht von ihnen in die Irre führen. Deren Interesse ist immerhin leicht zu erkennen: Ihre Stärke zu untergraben und Ihre Bemühungen darum, die robusten, von Expert*innen vorgeschlagenen Richtlinien zur Steuer- und Preispolitik.“

Tabaksteuern sind Gesundheitspolitik

Tabaksteuern sind nicht einfach nur eine weitere Last für Verbraucher*innen, ebenso nicht einfach nur eine weitere Einnahme für Regierungen. Tabaksteuern sind eine Gesundheitsmaßnahme. Eine wissenschaftliche Studie aus dem Jahr 2012 stellte fest:

„Deutliche Erhöhungen von Tabaksteuern sind eine äußerst wirksame Strategie zur Tabakkontrolle und führen zu wesentlichen Verbesserungen der öffentlichen Gesundheit.“

Die Tabaksteuer ist ein Instrument, um frühzeitige Todesfälle durch Tabakkonsum zu vermeiden. Deshalb haben die 180 Staaten, die die WHO FCTC angenommen haben, sich dazu verpflichtet, Steuer- und Preismaßnahmen zu nutzen, um ihr grundsätzliches Ziel zu erreichen: „(Die) heutige und künftige Generationen vor den verheerenden gesundheitlichen, gesellschaftlichen, umweltrelevanten und wirtschaftlichen Folgen des Tabakkonsums und des Passivrauchens zu schützen“.

Gesundheitsmaßnahmen wie Tabakbesteuerung müssen vor den Eigeninteressen der Tabakindustrie geschützt werden. Vier multinationale Tabakkonzerne sitzen im Direktorium des ITIC. Wie kann ITIC da behaupten, keine Eigeninteressen zu vertreten?

„Lassen Sie sich bitte nicht von ihnen in die Irre führen. Deren Interesse ist immerhin leicht zu erkennen: Ihre Stärke zu untergraben und Ihre Bemühungen darum, die robusten, von Expert*innen vorgeschlagenen Richtlinien zur Steuer- und Preispolitik." - WHO- Generaldirektorin Dr. Margaret Chan 2014 an die COP 7 über das ITIC
Statement of Unfairtobacco to support SEATCA © Unfairtobacco supports SEATCA von Unfairtobacco