In Malawi ist Tabak die Pflanze der Mächtigen – seit der Kolonialzeit bis heute. Die politische Elite besitzt große Plantagen, multinationale Konzerne bestimmen den Tabaksektor. Kleinbäuerliche Betriebe und landlose Pächter*innen produzieren den Rohtabak.
Der Exportschlager
Malawi erwirtschaftet etwa 50% seiner Exporterlöse durch den Verkauf von Tabak und ist damit stark von dieser Cash Crop abhängig. Über vier Fünftel davon ist Burley Tabak. Das macht Malawi zum weltgrößten Exporteur von Burley Tabak.
In Malawi wird der Tabakhandel sowohl über Auktionen als auch über direkte Verträge abgewickelt. Eine malawische Besonderheit ist das Pachtsystem, bei dem landlose Pächter_innen mündliche Verträge mit Landbesitzer_innen eingehen. Aus unserer Afrikastudie:
Den Pächter_innen wird ein Stück Land zugewiesen, auf dem sie Tabak anbauen sollen. Zusätzlich erhalten sie Pestizide, Düngemittel, Saatgut und Werkzeug für den Tabakanbau auf Kredit von dem/der Plantagenbesitzer*in. […] Im Gegenzug sind sie verpflichtet, die gesamte Tabakernte an den/die Plantagenbesitzer*in zu verkaufen. Von den Einnahmen aus diesem Verkauf werden dann die Kosten für Düngemittel etc. […] abgezogen. Meistens bleibt vom Verkaufserlös kaum etwas oder nichts übrig.
Etwa ein Drittel des Burley-Tabaks wird von diesen Pächter*innen angebaut und von den Landbesitzer_innen auf Auktionen an multinationale Rohtabakfirmen verkauft.
Die anderen zwei Drittel des Exportschlagers Burley werden von kleinbäuerlichen Betrieben produziert, die ihre Ernte selbst direkt oder auf Auktionen an (Roh-)Tabakkonzerne verkaufen.
Macht in der Auktionshalle
Auktion – das klingt nach einer fairen Versteigerung zwischen unterschiedlichen Bietern. Die drei Hauptaufkäufer von malawischem Tabak sind multinationale Konzerne: die Rohtabakhändler Universal Corporation und Alliance One sowie der Zigarettenhersteller Japan Tobacco International.
Seit Jahren stehen Universal, Alliance One und andere Aufkäufer im Verdacht, Kartelle zu bilden und illegale Preisabsprachen auf den Auktionen zu treffen. Trotz der Versuche seitens der malawischen Regierung, in den Jahren 2009-2012 dagegen vorzugehen, verhindert die große Abhängigkeit Malawis vom Tabakexport ein konsequentes Einschreiten der Regierung gegen diese Aktivitäten der Firmen.
System im Wandel
Derzeit befindet sich der Tabaksektor im Wandel, nicht zuletzt getrieben von wirtschaftlichen Krisen und zunehmender Tabakkontrollpolitik.
Neben den Vorwürfen wegen Kartellbildung wird seit mehr als 20 Jahren starke Kritik am Pachtsystem laut und schon seit mehr als fünf Jahren fordern malawische Organisationen in Kooperation mit uns eine gesetzliche Regulierung der Pachtarbeit. Doch die Entwürfe zum Pachtarbeitsgesetz wurden schließlich im Sommer 2013 von der Regierung leise eingestampft.
Vor einigen Jahren begann der Umbau zum Direktvertragssystem und im Januar 2016 legte der malawische Jusitzminister Mussa einen Gesetzesvorschlag vor, der die Abschaffung des Pachtsystems vorsieht.
Doch Direktverträge sind nicht per se ein gutes Geschäft für die Tabakbäuerinnen und -bauern, wie die ersten Erfahrungen auch in Malawi zeigen. Der malawische Wissenschaftler Donald Makoka hat in der Anbausaison 2013/14 Daten erhoben und berichtet:
Die Bauern bilden Clubs, mit denen die Rohtabakunternehmen Verträge abschließen. […] Tabaksamen werden auf Kredit an die Farmer*innen abgegeben. Pestizide sind auch ein Teil des Pakets. […] Sie bekommen auch Setzlinge auf Kredit, um die von Tabakanbau verursachte Entwaldung zu bekämpfen. […]
Die Vertragsbauern und -bäuerinnen sind sich der Preise für die Inputs nicht bewusst. Wenn ein Clubmitglied den Kredit nicht zurückzahlen kann, zieht die Rohtabakfirma dies von den Einnahmen der anderen 9 Mitglieder ab. Wenn der gesamte Club die Kredite nicht zurückzahlen kann, dann bekommen die Farmer*innen einen neuen Kredit, damit die Firma ihr Geld zurückholen kann. Schlußendlich sind die Bäuerinnen und Bauern in der Falle. […]
Das Ziel der Industrie ist es, die Tabakauktionen loszuwerden. Dafür gibt es gute Gründe: Die Machtungleichheit zwischen Farmer_innen und (Roh-)Tabakfirmen unterstützt die uneingeschränkte Kontrolle des gesamten Anbau-, Trocknungs- und Verkaufszyklus‘. Die staatlichen Kontrolleur_innen, die bei den Auktionen die Qualität des Rohtabaks bestimmen, könnten in Zukunft durch das Vertragssystem umgangen werden. Und die Knebelverträge sorgen dafür, dass kontinuierlich qualitativ hochwertiger Tabak die Lagerhallen der Konzerne füllt.
Sonnenblumen als Ausweg?
Laut Makokas Studie spielen mehr als 40% der Bäuerinnen und Bauern mit dem Gedanken, aus dem Tabakanbau auszusteigen. Hauptanliegen dabei ist die Aussicht auf wirtschaftlichen Erfolg mit einer Alternative. Deshalb ist es vor allem wichtig, die Vermarktung von alternativen Anbaupflanzen zu entwickeln. Diversifizierung ist auch erkärtes Ziel der malawischen Regierung, dessen Finanzminister erst vor Kurzem öffentlich den Umstieg zum Gemüseanbau als Alternative zu Tabak forderte. Und Präsident Mutharika betonte dies heute erneut in seiner Eröffnungsrede in den Auktionshallen von Lilongwe.
Die deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) hat letztes Jahr damit begonnen, in Malawi ein Grünes Innovationszentrum aufzubauen. In Kooperation mit dem Agricultural Research and Extension Trust (ARET) sollen dort Berater*innen ausgebildet werden, die Tabakbäuerinnen und -bauern beim Umstieg auf Sonnenblumen, Soja, Erdnüsse und Maniok unterstützen sollen. Wir begrüßen diesen Schritt in die richtige Richtung.
Allerdings sehen wir einen starken Bedarf für gutes Monitoring des Projekts. Schon letztes Jahr wiesen wir darauf hin, dass die Angliederung des Zentrums an das Mwimba College von ARET mit Interessenkonflikten einhergeht. Das College diente bislang der Verbesserung des Tabakanbaus, war ausschließlich Lehrstätte für Tabakanbau und ARET ist eng mit der Tabakindustrie verbunden. Transparenz ist hier oberstes Gebot, um öffentlich zu zeigen, dass Gelder der BMZ-Initiative Eine Welt ohne Hunger nicht in die Verbesserung des Tabakanbaus fließen, sondern tatsächlich ausschließlich in das dringend notwendige Diversifizierungsprogramm.
Weiterführende Informationen:
Laura Graen (2012): Opening Malawi’s tobacco black box.
Laura Graen (2014): Tabakproduktion in Afrika. Knebelverträge im Trend.
Laura Graen (2015): Doppelte Last. Tabak im Globalen Süden.
Sonja von Eichborn, Marie-Luise Abshagen (2015): Tabak: unsozial, unfair, umweltschädlich.