In der kommenden Woche findet die 7. Konferenz der Vertragsparteien der WHO-Tabakrahmenkonvention (FCTC) statt. Aus diesem Anlass veröffentlichen wir das zweite SDG-Factsheet mit dem Titel Tabak und Globale Partnerschaft. Die Konferenz im indischen Greater Noida ist ein Ort, an dem Tabakkontrolle und das Entwicklungsziel 17 ineinander greifen: hier zeigt sich, was die partnerschaftliche Zusammenarbeit von 180 Staaten bewirken kann.

SDG 17: Globale Partnerschaft

Mit dem Entwicklungsziel 17 als Teil der 2030-Agenda für Nachhaltige Entwicklung haben sich alle Staaten im September 2015 dazu verpflichtet,

  • die internationale Zusammenarbeit von Regierungen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zu verbessern,
  • Finanzmittel für die Verwirklichung der 2030-Agenda bereit zu stellen,
  • Wissen auszutauschen und
  • systemische Veränderungen vorzunehmen.

Es ist ein breit angelegtes Ziel, das in Bezug auf Tabak einige Fallstricke bereit hält. Die Verfolgung von Zielen wie beispielsweise die Steigerung der Exporte (17.11) oder die Erweiterung von duty-free Märkten (17.12) ist kontraproduktiv in Bezug auf Tabak, dessen Konsum bei bestimmungsgemäßem Gebrauch für die Hälfte der Nutzer*innen tödlich ist.

Doch der Kern des Ziels – die Globale Partnerschaft zu erneuern – ist für Tabakkontrolle enorm wichtig. Unter dem Dach der WHO FCTC wird schon seit zehn Jahren eine globale Partnerschaft praktiziert, die gerade durch den internationalen Austausch von Wissen, Erfahrung und Technologien große Fortschritte für die Reduzierung des Tabakkonsums bewirkt.

Erfolgreiche Partnerschaft für Tabakkontrolle

Die FCTC hat Beziehungen zwischen unterschiedlichen Akteuren – staatlichen Institutionen genauso wie nicht-staatlichen Organisationen – gestärkt. Dies ist die Basis, um Einflussnahme der Tabakindustrie auf staatliche Gesundheitspolitik abzuwehren. Ein Beispiel:

Im Jahr 2009 führte Uruguay Bildwarnhinweise ein, die 80% der Zigarettenschachteln einnehmen sollen. Der Tabakkonzern Philip Morris strengte daraufhin ein Investor-Staat-Schiedsgerichtsverfahren an und verlangte 25 Mio. US-Dollar Schadensersatz.

Im Juli 2016 entschied das Tribunal gegen Philip Morris. Das Unternehmen muss nun einen Teil von Uruguays Verfahrenskosten übernehmen. Nur durch die internationale Zusammenarbeit vieler verschiedener Akteure war der Erfolg möglich, denn Uruguay hätte nicht ausreichend Ressourcen gehabt, das Verfahren durchzustehen. Der Staat erhielt Finanzmittel von Bloomberg Philanthropies, wissenschaftliche Expertise von der WHO und Unterstützung durch den Protest zivilgesellschaftlicher Organisationen weltweit.

 

Philip Morris vs. Uruguay

 

Der Fall ist dennoch ein Skandal: ein privates Gericht hat darüber entschieden, ob ein Land seine Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren schützen darf oder nicht. Wenn aber das Entwicklungsziel 3 „Gesundheit für alle in jedem Alter“ ernsthaft verfolgt werden soll, dann dürften diese Art Schiedsgerichte in keinem Handels- oder Investitionsabkommen enthalten sein. Dies würde die Kohärenz verschiedener Politikbereiche nachhaltig verbessern, was auch in SDG 17 angestrebt wird.

Fatale Partnerschaft für Ernährungssicherheit

Es gibt auch Partnerschaften, die fatal für nachhaltige Entwicklung sind. Ein Beispiel dafür ist die Neue Allianz für Ernährungssicherheit (NAFSN) in Malawi.

In Malawi kooperiert die NAFSN unter Federführung der EU mit Rohtabakfirmen und fördert den Tabakanbau im Land, obwohl dieser signifikant zur Ernährungsunsicherheit beiträgt. Im Juni 2016 verabschiedete das EU-Parlament eine Resolution, in der dieses Problem explizit angesprochen wird:

[The European Parliament n]otes with concern that in Malawi NAFSN promotes the expansion of tobacco production instead of supporting alternative livelihoods in accordance with obligations under the World Health Organisation Framework Convention on Tobacco Control (FCTC) of 2005 and commitments made in the 2030 Agenda for Sustainable Development;

Die Resolution spricht sich für eine umfassende Änderung der NAFSN aus, weil sie multinationale Konzerne stärkt – zum Nachteil von Biodiversität und bäuerlicher Landwirtschaft.

Deshalb ist es zwingend notwendig, die Kooperation mit der Tabakindustrie in Multi-Akteurs-Partnerschaften zu verhindern. Denn die Interessen der Tabakindustrie stehen in fundamentalem Gegensatz zu Gesundheitsschutz und verbunden damit zu Ernährungssicherheit.

 

Downloads

Graen/Eichborn/Tümptner (2016): Grafik Philip Morris vs. Uruguay

Graen (2016): SDG-Factsheet Nr. 2: Tabak und globale Partnerschaft

Eichborn/Abshagen (2015): Tabak: unsozial, unfair, umweltschädlich

Graen (2014): Strategien der Tabakindustrie. Werbekampagnen, Klagen, politische Einflussnahme

Wenn (...) das Entwicklungsziel 3 „Gesundheit für alle in jedem Alter“ ernsthaft verfolgt werden soll, dann dürften diese Art Schiedsgerichte in keinem Handels- oder Investitionsabkommen enthalten sein.