Tabakwerbung in den sozialen Medien
In China unterhält der staatliche Tabakkonzern Seiten auf den sozialen Medien und wirbt dort.
Zum Artikel31. Mai 2024 – Weltnichtrauchertag: Wir erinnern politische Entscheidungsträger*innen und die Öffentlichkeit an den Einfluss der Tabakindustrie auf Kinder und junge Menschen. Gemeinsam mit der Initiative Kinder ohne Alkohol und Nikotin fordern wir ein Gesetz, das Kinder und Jugendliche vor Alkohol- und Nikotin*-Marketing schützt.
Kinder und Jugendliche sind in ihrem Alltag immer noch Werbung für Tabak- und Nikotinprodukte ausgesetzt, obwohl dies seit Januar 2024 auf Plakaten vollständig verboten ist. Aber die aktuelle Gesetzeslage lässt Werbung am Verkaufsort, auf dessen Außenflächen und Werbebildschirmen zu, außerdem erlaubt sie Sponsoring und Promotion bspw. bei Sport- und Musikveranstaltungen. Mit diesen Marketing-Maßnahmen können weiterhin sehr viele Kinder und Jugendliche erreicht werden.
Dass gezieltes Marketing der Tabakindustrie vor allem Kinder und Jugendliche anspricht, belegen auch Studien zur Wirkung von Tabakwerbung.
Hinzu kommt das Einströmen von bunten Bildern und Videos mit Einweg-E-Zigaretten rauchenden Leuten auf Kinder und Jugendliche im digitalen Raum, in den Sozialen Medien. Hier ist zwar Werbung für Tabak- und Nikotinprodukte im Prinzip gesetzlich verboten, aber de facto wird das Verbot weder kontrolliert noch durchgesetzt. Im Gegenteil: Es ist an der Tagesordnung, dass unter anderem Influencer*innen und Musiker*innen für Einweg-E-Zigaretten auf ihren Kanälen werben. Die Zielgruppe ist dabei klar: Jugendliche.
Über diese Situation in Deutschland weiß auch der UN-Kinderrechtsausschuss Bescheid, an den wir seit einigen Jahren kontinuierlich berichten.
Durch die UN-Kinderrechtskonvention ist Deutschland dazu verpflichtet, die Rechte von Kindern zu respektieren, zu schützen und durchzusetzen. Regelmäßig muss die Bundesregierung einen verpflichtenden Staatenbericht vorlegen. Ergänzend dazu haben wir mit dem Netzwerk Kinderrechte und Tabakkontrolle mehrere Stellungnahmen beim UN-Ausschuss eingereicht.
Im September 2022 hat der UN-Kinderrechtsausschuss konkrete Empfehlungen für Maßnahmen zur Tabakkontrolle gegenüber Deutschland ausgesprochen. Der Ausschuss zeigte sich besorgt über „die große Anzahl von Kindern, insbesondere von Kindern in sozioökonomisch benachteiligten Situationen, die dem Tabakrauch ausgesetzt sind“. Neben der Aufklärung von Erwachsenen über die gesundheitlichen Folgen durch die Belastung mit Tabakrauch empfiehlt der UN-Ausschuss:
31. Unter Hinweis auf seine allgemeine Bemerkung Nr. 15 (2013) über das Recht des Kindes auf ein erreichbares Höchstmaß an Gesundheit empfiehlt der Ausschuss der Vertragspartei: […]
UN Dokument CRC/C/DEU/CO/5-6
(d) die Vermarktung von Tabakerzeugnissen an Kinder zu regulieren und weiterhin Maßnahmen zu verstärken, um Heranwachsende über die Vermeidung von Substanzmissbrauch, einschließlich Tabak und Alkohol, zu informieren […]
Deshalb muss Deutschland dafür sorgen, dass Kinder und Jugendliche dem Marketing für Tabak- und Nikotinprodukte nicht mehr ausgesetzt sind.
Damit diese Empfehlung umgesetzt wird, haben wir die Initiative Kinder ohne Alkohol und Nikotin mitgegründet, die zum heutigen Weltnichtrauchertag an die Öffentlichkeit geht. Das Bündnis aus Gesundheits- und zivilgesellschaftlichen Organisationen fordert ein Gesetz, das Kinder und Jugendliche vor Alkohol- und Nikotinmarketing* schützt.
Zentrale Anforderung an dieses Gesetz ist es, dass es Werbung für Alkohol und Nikotinprodukte vollständig beendet. Dazu gehört, die Lücken im Tabakwerbeverbot zu schließen, insbesondere bei Werbung am Verkaufsort und an den Außenflächen, sowie Nikotinprodukte außer Sichtweite der Öffentlichkeit aufzubewahren. Ebenfalls wichtiger Bestandteil ist, bestehende Werbebeschränkungen für Nikotinprodukte im Internet lückenlos zu kontrollieren.
Vor dem Weltnichtrauchertag diese Woche wurde vom DKFZ (Deutsches Krebsforschungszentrum) und Mitgliedern der neuen Initiative ein Brandbrief an die Abgeordneten der Regierungsparteien versendet. Mit diesem wird auf das bislang nicht umgesetzte Versprechen zur Verschärfung der Werbebeschränkungen für Alkohol und Nikotin hingewiesen, und erstmals auch die Initiative bekannt gemacht. Denn im aktuellen Koalitionsvertrag (2021-2025) wurde festgehalten, dass die Regelungen für Marketing und Sponsoring bei Alkohol und Nikotin verschärft werden sollen – doch leider bisher ohne Umsetzung oder diesbezügliche Bemühungen. Der Brandbrief verweist daher auf die Forderungen der Initiative Kinder ohne Alkohol und Nikotin und ruft die Abgeordneten dazu auf, das Versprechen aus dem Koalitionsvertrag umgehend einzulösen.
Denn Kinder haben das Recht auf den bestmöglichen Schutz ihrer Gesundheit.
Die Initiative Kinder ohne Alkohol und Nikotin besteht aus Gesundheits- und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Sie setzt sich dafür ein, dass Kinder und Jugendliche in einer Umgebung aufwachsen, die es ihnen ermöglicht, ihre Persönlichkeit frei von Alkohol- und Nikotin-Marketing zu entfalten.
Weitere Informationen und die Forderungen finden Sie auf der Webseite der Initiative.
*Wir definieren Nikotinprodukte in diesem Zusammenhang als nicht-pharmazeutische Konsumprodukte. Dazu gehören Tabakprodukte, E-Zigaretten und verwandte Erzeugnisse.
„Es ist höchste Zeit, dass Deutschland dem Vorbild anderer Länder wie Finnland, den Niederlanden und Island folgt und das Marketing für Tabakprodukte und E-Zigaretten vollständig untersagt.“ Rüdiger Krech, WHO-Direktor für Gesundheitsförderung