Tabak- und Nikotinkonzerne profitieren von ausbeuterischer Kinderarbeit. Die Kinderarbeit im Tabakanbau zählt zu den schlimmsten Formen von Kinderarbeit. Trotzdem arbeiten in allen bedeutenden Tabakanbauländern Kinder ab 5 Jahren auf den Feldern. Viele erkranken dadurch an der Grünen Tabakkrankheit.

Was ist ausbeuterische Kinderarbeit?

Kinder haben vielfältige Gründe, weshalb sie arbeiten und nicht jede Arbeit, die von Kindern und Jugendlichen ausgeführt wird, ist ausbeuterische Kinderarbeit. Zum Beispiel arbeiten Kinder, um Familienmitgliedern zu helfen oder ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Manche Beschäftigungen können den Kindern helfen, ihre Ziele zu erreichen und bestimmte Kompetenzen zu erwerben. Dazu gehören zum Beispiel der Wunsch, die Schule weiterhin zu besuchen und daher Schulgebühren bezahlen zu können oder im Allgemeinen über ein Einkommen zu verfügen, um Bedürfnisse zu erfüllen.

Laut Artikel 32 der UN-Kinderrechtskonvention haben Kinder das Recht, vor wirtschaftlicher Ausbeutung geschützt und nicht zu Arbeiten herangezogen zu werden, die Gefahren mit sich bringen, die Bildung behindern, die Gesundheit oder die körperliche, geistige, seelische, moralische oder soziale Entwicklung schädigen könnten. Nach der ILO-Konvention 182 gehört Kinderarbeit, die die mentale und körperliche Gesundheit oder die Sicherheit von Kindern und Jugendlichen gefährdet, zu den schlimmsten Formen der Kinderarbeit, die weltweit durch unverzügliche Maßnahmen beseitigt und verboten werden muss.

Ausbeuterische Kinderarbeit verletzt auch weitere zentrale Kinderrechte, unter anderem die Rechte auf Leben, rechtliches Gehör, Gesundheit, Bildung, Freizeit sowie den Schutz vor Gewalt und vor Suchtstoffen. Alle diese Rechte sind in der UN-Kinderrechtskonvention festgelegt.

Kinder und Jugendliche sollen frei entscheiden können, ob sie arbeiten wollen oder nicht. Dafür brauchen sie Lebensbedingungen, in denen sie nicht durch familiäre Umstände zur Arbeit gezwungen werden. Dazu gehört, dass ihre Eltern unter menschenwürdigen Bedingungen arbeiten können, existenzsichernde Einkommen verdienen und soziale Absicherung z.B. gegen Krankheit und Arbeitsunfälle erhalten.

Um den verschiedenen Realitäten von Kindern und Jugendlichen gerecht zu werden, unterscheidet man die Begriffe arbeitende Kinder und ausbeuterische Kinderarbeit. Arbeitende Kinder sind eine soziale Gruppe. Ihre Arbeit sollte wertgeschätzt werden und sie sollten in Würde arbeiten können. Dazu gehört unter anderem die Mitsprache bei Entscheidungsprozessen und eine faire Bezahlung.

Was hingegen nicht wertgeschätzt werden und umgehend beseitigt werden sollte, sind die ausbeuterischen Verhältnisse. Ausbeuterische Kinderarbeit schadet Kindern und Jugendlichen und verletzt ihre grundlegenden Rechte.

Ausbeuterische Kinderarbeit im Tabakanbau

Es gibt keine Erhebungen, wie viele Kinder und Jugendliche weltweit im Tabakanbau arbeiten, aber es gibt Berichte darüber aus allen bedeutenden Tabakanbauländern. Das US-amerikanische Arbeitsministerium veröffentlicht jedes Jahr eine Liste der Waren, die mit Zwangs- und Kinderarbeit produziert werden. Im Jahr 2024 standen für Tabak 17 Länder auf der Liste.1 Nicht genannt wird Tabak aus den USA und z.B. Bangladesch oder Indien trotz öffentlicher Berichte über ausbeuterische Kinderarbeit im Tabakanbau.

Kinder arbeiten ab 5 Jahren auf den Tabakfeldern. Die Arbeit auf den Tabakplantagen ist hart und gefährlich. Die Kinder bereiten Saatbeete vor, indem sie Felder umgraben und Bäume fällen. Sie jäten Unkraut auf den Feldern, sie düngen den Tabak und sprühen giftige Pestizide, ohne Schutzkleidung zu tragen.

Bei der Ernte der grünen Tabakblätter setzen sie sich der Gefahr einer Nikotinvergiftung aus. Denn sie nehmen das Nikotin aus den Blättern durch die Haut in den Körper auf. Schon eine kleine Menge des Nervengifts führt bei Kindern zur Nikotinvergiftung: Die Grüne Tabakkrankheit verursacht Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen, Schwindel und Schwächeanfälle.

Eine Studie von Plan International zeigte 2009, dass Kinderarbeiter*innen in Malawi bis zu 54 Milligramm Nikotin pro Tag über die Haut aufnehmen. Das ist soviel Nikotin wie in 50 Zigaretten enthalten ist.

Durch die Arbeit im Tabakanbau können folgende Verletzungen und Krankheiten verursacht werden:

  • Vergiftungen wie die Grüne Tabakkrankheit
  • Hautausschläge, allergische Reaktionen, Atemschwierigkeiten, Sehschwierigkeiten, chemische Vergiftungen, Leberschäden, Nervenerkrankungen und Unfruchtbarkeit durch den Umgang mit Chemikalien wie Dünger und Pestiziden
  • Knochen- und Gelenkverformungen durch das Tragen schwerer Lasten
  • Rückenschmerzen während der Ernte
  • Sonnenstiche
  • Schlangenbisse und Krankheiten, die von Moskitos verursacht werden
  • Schnittwunden und Blasen
  • starke Erschöpfung und Müdigkeit

Die akuten und langfristigen gesundheitlichen Folgen des Tabakanbaus gefährden die kindliche Entwicklung. Außerdem bleibt den Kindern bei täglich 5 bis 6 Stunden Feldarbeit wenig Freizeit und während der Ernte wird der Schulbesuch oft vollständig vernachlässigt. Ohne Schulabschluss und Berufsausbildung ist ihre Chance auf ein höheres Einkommen und soziale Sicherheit gering. Dadurch können sie nicht aus dem Armutskreislauf ausbrechen.

Und schließlich werden Kinder und Jugendliche, die im Tabakanbau arbeiten, wirtschaftlich ausgebeutet, denn sie werden für ihre Arbeitskraft meist nicht bezahlt.

Aus all diesen Gründen schadet die Arbeit im Tabakanbau den Kindern und verletzt ihre grundlegenden Rechte.

Laut der ILO Konvention 182 zählt die Arbeit mit Tabak zu einer der schlimmsten Formen von Kinderarbeit. Kinder unter 18 Jahren dürften deshalb keinerlei Arbeiten ausführen, die mit der Tabakproduktion zu tun haben.

Warum arbeiten Kinder und Jugendliche im Tabakanbau?

Auch wenn die Gründe für die Arbeit von Kindern vielfältig sind, so ist beim Tabakanbau meistens die Armut ihrer Familien der Hauptgrund. Mit ihrer Arbeit tragen Kinder und Jugendliche zum Einkommen ihrer Familien und damit zum Lebensunterhalt bei.

Das liegt an den geringen Preisen, die Tabakkonzerne bzw. Plantagenbesitzer*innen für den Rohtabak bezahlen. Die Farmer*innen leben deshalb trotz ihrer Arbeit in Armut und sind häufig verschuldet. So bauen sie mehr Tabak an, als sie mit der Arbeitskraft der Erwachsenen schaffen, können aber keine Saisonarbeiter*innen bezahlen. Deshalb sind sie häufig auf die unbezahlte Arbeit ihrer eigenen Kinder angewiesen.

Wie kann ausbeuterische Kinderarbeit im Tabakanbau verhindert werden?

Um den Ausbeutungs- und Armutskreislauf zu beenden, brauchen Farmer*innen ein existenzsicherndes Einkommen. Das bedeutet konkret, dass Tabakkonzerne höhere Preise für den Rohtabak bezahlen müssen, damit die Bauernfamilien auf die Arbeit ihrer Kinder verzichten können.

Dazu gehört auch, dass die Grundrechte von Tabakfarmer*innen und Arbeiter*innen auf Tabakplantagen z.B. in Malawi geachtet werden müssen. Sie brauchen schriftliche, rechtlich einklagbare Verträge und angemessene, ausreichende Bezahlung.

Darüber hinaus ist das Lieferkettengesetz in Deutschland bzw. Europa eine wichtige gesetzliche Maßnahme. Es verpflichtet Unternehmen dazu, in ihren Lieferketten die Menschenrechte zu achten und Umweltstandards einzuhalten. Es ist wichtig, dass Betroffene über ihre Rechte, das Lieferkettengesetz und damit verbundene Beschwerdemöglichkeiten informiert werden und wissen, dass und wie sie z.B. gegen ausbeuterische Kinderarbeit durch Tabakkonzerne vorgehen können.

Zusätzlich müssen die Bildungschancen von Kindern in Tabakanbauländern verbessert werden. In der UN-Kinderrechtskonvention ist eine Grundschulpflicht vorgeschrieben. Das bedeutet, dass die Staaten, z.B. Malawi oder Bangladesch, eine angemessene Grundschulbildung für Kinder gewährleisten müssen. Staatliche Programme für Schulessen sind z.B. ein guter Anreiz, damit Kinder die Schule besuchen.

Langfristig ist es jedoch für ein würdiges und selbstbestimmtes Leben der Farmer*innen und ihrer Familien wichtig, dass sie für sich nachhaltige Zukunftsperspektiven entwerfen können, die mit menschenwürdiger Arbeit einhergehen. Ein solcher Weg wäre der Ausstieg aus dem Tabakanbau und der Aufbau von alternativen Einkommensmöglichkeiten. In Brasilien sind Farmer*innen zum Beispiel auf den Anbau von Nahrungsmitteln umgestiegen, die sie auf lokalen Märkten und an das staatliche Programm für Schulessen verkaufen.

  1. In diesen Ländern arbeiten laut US-Arbeitsministerium Kinder auf Tabakfeldern: Argentinien, Brasilien, Indonesien, Kambodscha, Kenia, Kirgistan, Libanon, Malawi, Mexiko, Mosambik, Nicaragua, Philippinen, Sambia, Tansania, Uganda, Vietnam, Simbabwe. Nicht in der Liste enthalten: USA, Bangladesch, Indien. Zusätzlich arbeiten in Indien und Bangladesch Kinder in der Bidi-Produktion.

Ausbeuterische Kinderarbeit

Arbeit, die für Kinder mental, körperlich, sozial oder moralisch schädlich ist, die ihre Bildung behindert oder ihre Arbeitskraft wirtschaftlich ausbeutet

Arbeitende Kinder

Kinder, die selbstbestimmt eine Arbeit ausführen, die den Erwerb von Fähigkeiten und Erfahrungen bietet und nicht ihrer Gesundheit, Ausbildung oder persönlichen Entwicklung schadet

Indonesien Kinderarbeit Tabakfeld

Tabak bestimmt sein Leben: Pflanzen wässern, Würmer absammeln, Unkraut jäten, reife Blätter ernten und sortieren.

Rahmad* (10 Jahre) lebt in Indonesien und hilft seinen Eltern auf den Tabakfeldern. Er erzählt: „Während mein Bruder die Pesitzide sprüht, jäte ich oft das Unkraut. Es stinkt. Immer wenn ich es rieche, wird mir schlecht und schwindlig.“

In der Erntezeit ist Rahmad oft auf dem Feld statt in der Schule.

© Human Rights Watch

* Name geändert